Bei anhaltend feuchtmilden Temperaturen im Spätwinter ist alljährlich auf bestimmten Strecken immer wieder besonders rücksichtvolles Fahren angesagt. Grund für die gebotene Vorsicht ist auf Strecken wie der Kreisstraße 29 bei Hohenbüchen oder der Waldstraße bei Rühle nicht nur die in dieser Zeit zu ihren Laichgewässern wandernden Kammermolche, Erdkröten oder Grasfrösche, sondern auch die sie regelmäßig entlang der Straßenränder an den aufgestellten „Krötenzäunen“ aufsammelnden Ehrenamtlichen. Die Kreisstraße zwischen dem Heidbrink und Reileifzen wurde zum Schutz der Tiere regelmäßig zwischen Mitte Februar und Ende April nachts gesperrt. Doch das ist jetzt Geschichte. Mithilfe von sogenannten Ersatzgeldern ist hier auf einer 400 Meter langen Strecke ein Amphibienleitsystem installiert worden, dass die Tiere unter der Fahrbahn durchschleust.
Seit fast einem halben Jahrhundert mittlerweile stehen in Deutschland Amphibien unter Naturschutz. Schon früh wurde erkannt, dass durch das Verschwinden vieler für die Tiere lebenswichtiger Gewässer und der Veränderung von Uferböschungen durch menschliche Hand ein wichtiger Baustein des gesamten Ökosystems verloren zu gehen droht. Amphibien bewohnen Biotopkomplexe. Neben Gewässern für die Fortpflanzung benötigen sie Landlebensräume. In letzteren überwintern sie und kehren nach der Laichphase zu ihnen zurück. Zwischen Landlebensraum und Laichgewässer liegen dabei oft mehrere hundert Meter oder sogar Kilometer. Falls die Tiere bei ihren Wanderungen Straßen überqueren müssen, wird das zu einem Überlebensrisiko.
Eine dieser Amphibienwanderstrecken ist der Bereich „In den Eichen“ zwischen Reileifzen und Heidbrink. Die Tiere wechseln hier zwischen den ehemaligen Kiesteichen und den angrenzenden Wäldern des Kapenberges hin und her. Mit der Anlage des Amphibienleitsystems werden sie nun entlang von Leitwänden aus Stahl zu drei Tunneln geführt, durch die sie die Straße gefahrlos unterqueren können. Ausgeführt wurden die Arbeiten von der Beverunger Straßenbaufirma Nolte Bau und dem auf Amphibienleitsysteme spezialisierten Göppinger Fachunternehmen Maibach.
Dabei handelt es sich um ein bundesweit erprobtes System, das auch im Landkreis Holzminden schon an verschiedenen Stellen, beispielsweise an der Bundesstraße 83 unterhalb der Kolfte bei Heinsen oder in Delligsen an der Maschstraße, zum Einsatz kommt.
Die nächtlichen Sperrungen an der Kreisstraße 25 haben sich damit erledigt und kostenneutral waren sie darüber hinaus auch noch. Denn die Ersatzgelder, die dafür eingesetzt wurden, sind nach dem Bundesnaturschutzgesetz Zahlungen, die ein Verursacher eines Eingriffes in Natur und Landschaft leisten muss, wenn die Beeinträchtigung nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen ist. Insofern handelt es sich um finanzielle Mittel, die ausschließlich dem Naturschutz vorbehalten sind.