Kreike an den Kreisstraßen wieder heimisch | OWZ zum Sonntag

Veröffentlicht am 23.07.2024 09:42

Kreike an den Kreisstraßen wieder heimisch

V.l.: Jürgen Twele (Bereichsleiter Kreisstraßenmeisterei), Marlies Zuidema, in der Unteren Naturschutzbehörde für die Naturschutzstiftung zuständig, und Sebastian Budde an der K23 zwischen Kirchbrak und der B 240, wo etliche der Kreiken neu gepflanzt wurden. (Foto: Landkreis Holzminden)
V.l.: Jürgen Twele (Bereichsleiter Kreisstraßenmeisterei), Marlies Zuidema, in der Unteren Naturschutzbehörde für die Naturschutzstiftung zuständig, und Sebastian Budde an der K23 zwischen Kirchbrak und der B 240, wo etliche der Kreiken neu gepflanzt wurden. (Foto: Landkreis Holzminden)
V.l.: Jürgen Twele (Bereichsleiter Kreisstraßenmeisterei), Marlies Zuidema, in der Unteren Naturschutzbehörde für die Naturschutzstiftung zuständig, und Sebastian Budde an der K23 zwischen Kirchbrak und der B 240, wo etliche der Kreiken neu gepflanzt wurden. (Foto: Landkreis Holzminden)
V.l.: Jürgen Twele (Bereichsleiter Kreisstraßenmeisterei), Marlies Zuidema, in der Unteren Naturschutzbehörde für die Naturschutzstiftung zuständig, und Sebastian Budde an der K23 zwischen Kirchbrak und der B 240, wo etliche der Kreiken neu gepflanzt wurden. (Foto: Landkreis Holzminden)
V.l.: Jürgen Twele (Bereichsleiter Kreisstraßenmeisterei), Marlies Zuidema, in der Unteren Naturschutzbehörde für die Naturschutzstiftung zuständig, und Sebastian Budde an der K23 zwischen Kirchbrak und der B 240, wo etliche der Kreiken neu gepflanzt wurden. (Foto: Landkreis Holzminden)

Im Landkreis Holzminden ist der Name Kreikenbohm häufig zu finden. Woher der Name kommt, wissen allerdings die so benannten Familien meist selbst nicht. Sebastian Budde, Gründer und Inhaber der Weserbergland Spirituosen Manufaktur, hat nicht nur herausbekommen, dass es sich bei der Kreike um eine regionale Ur-Pflaume handelt, sondern auch noch zwei letzte Exemplare des Kreikenbaumes (Plattdeutsch: Kreikenbohm) ausfindig gemacht. Mithilfe der Naturschutzstiftung, der Unteren Naturschutzbehöde und der Straßenmeisterei des Landkreises Holzminden hat er die fast ausgestorbene Ur-Pflaume des Weserberglandes an einigen Straßenrändern wieder heimisch gemacht.

Budde destilliert so ziemlich alles an heimischen Früchten, Kräutern und Nüssen, was ihm interessant erscheint und in die Finger kommt. Seit Jahren darf er mit Ausnahmegenehmigung heimischen Wacholder ernten für Wacholderdestillat und Gin. Dafür hat er mithilfe seiner Verkäufe auch schon fast 10.000 Euro an Spenden zurück in Naturschutzflächen fließen lassen.

Kreiken und deren Pflanzen hatten schon in früheren Zeiten keinen Wert für eine kommerzielle Verarbeitung. Der Baum ähnelt einer Wildzwetschge, die Früchte sind sehr klein und von der Frucht wie große Schlehen. Für Marmelade oder Mus bedeutete das schon immer zu viel Arbeit, darüber hinaus war sie aufgrund ihrer Größe praktisch nicht zu entsteinen, als Holz für die Tischlerei zu dünnstämmig. Schnapsbrennen wurde hierzulande kaum praktiziert. Wenn also irgendwann einmal eine Kreike im Weg stand, weil Flächen zusammengelegt werden sollten, fällte man ihn einfach.

Im Jahr 2016, fünf Jahre nach der Gründung der Manufaktur, erinnerte sich Sebastian Budde an ebendiese Kreiken. Seine aus Linnenkamp gebürtige Großmutter Elisabeth hatte ihm öfter von einer Allee mit den Bäumen erzählt, die sie als Schulkind regelmäßig entlang gegangen sei. Die fast 90-Jährige machte sich zusammen mit ihrem Enkel noch einmal auf die Suche nach den letzten Kreiken rund um Linnenkamp und Emmerborn. „Nach vielen Stunden im Auto und zu Fuß auf Feldwegen wollten wir schon aufgeben, als wir am Ende eines Weges tatsächlich doch noch zwei uralte kleine Zwetschgenbäume fanden“, beschreibt Budde die gemeinsame Recherche. Es sei Sommer gewesen, also Zwetschgenzeit, und die Oma habe sich wie ein Kind gefreut, als sie die kleinen runden Früchte entdeckt habe. „Junge, wir haben sie gefunden – das sind Kreiken“, habe sie ausgerufen.

Nach einer ersten Geschmacksprobe sei ihm klar gewesen, so Budde, dass diese wunderbar vielschichtige, sehr würzige, zimtige Ur-Pflaume vielleicht nicht für eine Marmelade tauge, aber sehr wohl für Edeldestillate. Ähnlich war es ihm zuvor schon einmal ergangen, als er einen riesigen Wildkirschbaum mit Helfern beerntete, um die kleinen Kirschen, in der Größe kleiner als ein Centstück, für ein Wildkirschdestillat zu gewinnen. Im Vorbeigehen hatte ihm ein älterer Herr aus der Kriegsgeneration noch zugerufen, dass die nichts taugen würden. Sebastian Budde ließ sich jedoch nicht beirren und destillierte daraus ein Wildkirschdestillat, das auf Anhieb in Blindverkostungen das Spitzenprodukt eines Schwarzwälder Premiumhauses vom Thron fegte.

„Die Kreike hatte deshalb meine volle Aufmerksamkeit“, erzählt der gebürtige Heinader. „Ich habe alle Früchte geerntet. Herausgekommen sind dabei weniger als zweieinhalb Liter Edeldestillat. Aber mein Feuer war entfacht.“ Da die beiden Bäume sehr alt waren, mussten unbedingt Edelreiser geschnitten werden und Saatgut zu Vermehrung. Das sei höchste Zeit gewesen, so der 42-Jährige, denn kurz danach fielen die beiden morschen Bäume dem Alter zum Opfer. Über die Veredelungsbemühungen ihres Enkels konnte Sebastian Buddes Oma sich noch freuen, die weitere Entwicklung erlebte sie dann leider nicht mehr mit.

Eine auf solche seltenen Problemfälle spezialisierte Schwarzwälder Baumschule mühte sich an den Edelreisern der alten Bäume ab, denn die wollten zunächst nicht anwachsen. Doch am Ende schafften es von den 100 gewünschten Jungbäumen immerhin 95 bis ins Pflanzalter. Mithilfe einer Förderung der Naturschutzstiftung und der Auspflanzungs- und Sicherungsarbeitsleistung der Straßenmeisterei des Landkreises Holzminden sind diese dann an kleinen Nebenstraßen des Weserberglandes gepflanzt worden.

„Die Förderung hat mich wirklich sehr gefreut“, sagt Sebastian Budde, der mittlerweile über 60 sortenreine Destillate aus größtenteils heimischen Früchten herstellt. Denn mit der Destillerie sei er einfach komplett ausgelastet und habe keine Zeit für eigene landwirtschaftliche Obstkulturen. Die Kreike soll im Weserbergland ihre Heimat behalten, das sei ihm wichtig - und auch, dass man nicht alles selbst besitzen müsse. „Wer einen Baum pflanzt und weiß, dass er niemals in dessen Schatten sitzen wird, hat den Generationenvertrag verstanden“, ist sich Sebastian Budde sicher. Die kleinen Kreiken werden vermutlich eher tragen, die Ernte wird für die Brennerei sicher kein leichtes Unterfangen. „Aber ich mache das dann im schönen Gedenken an meine Oma und die gemeinsame gute alte Zeit.“

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