Das vorbildliche und ansteckende Lebensmotto von Hermann Fast lautet: „Wer was schaffen will, muss fröhlich sein!“ So hat er immer versucht, zu leben – mit Ausdauer und Erfolg
Am 10. Juni dieses Jahres wird er nun 100 Jahre alt und feiert standesgemäß diesen Ehrentag im kleinen Kreis seiner Familie und Freunde. Zahlreiche Anrufe und Glückwünsche werden ihn auch an diesem Tag aus dem In- und Ausland, vor allem aus seiner alten Heimat Russland, erreichen. Wie selbstverständlich wird bei dem bekannten und beliebten Künstler, Musiker und Chorleiter traditionell auch kräftig gesungen.
Seit mehr als 28 Jahren nennt Hermann Fast Höxter und das Weserbergland seine „neue zweite Heimat“, hat Stadt und Land sehr lieb gewonnen und fühlt sich hier pudelwohl.
Aus dem fernen Chabarowsk (am Fluss Amur in Russland, nahe der chinesischen Grenze) kam er mit seiner Frau Galina im Jahr 1995 nach Höxter. Schon als kleiner Junge liebte er Arbeiten mit Holz und so baute er sich mit 8 Jahren aus einer alten Tretnähmaschine eine Drechselmaschine. Sein Kunststudium musste er mit 17 Jahren unterbrechen, da er als gebürtiger Deutscher in Russland für mehr als 15 Jahre Zwangsarbeit im Gulag leisten sollte. Eine unvorstellbar lange Zeit unter menschenunwürdigen Bedingungen. Die Kunst und die Musik retteten ihm im wahrsten Sinne des Wortes mehrfach das Leben. Im Anschluss an die Zwangsarbeit nahm er sein Kunststudium wieder auf und zeigte seine Vielfältigkeit auch in seiner Arbeit als Musiker, der das Akkordeonspielen unterrichtete und Chöre und Orchester leitete. Des Weiteren studierte er die Kunst des Zeichnens und der Malerei und ist bekannt für seine Holzschnitz-, Drechselarbeiten und speziell für seine hochwertigen Intarsien.
In Russland wollte man seine Werke lange Zeit nicht anerkennen, da er ein „Deutscher“ war. Das war unter anderem ein Grund, im Alter von 72 nach Deutschland zu ziehen, wo er sich nicht zur Ruhe setzte, sondern noch einmal richtig aufdrehte. In über 40 Ausstellungen im Weserbergland und deutschlandweit zeigte er seitdem seine Kunstwerke. Mit 80 Jahren baute er kurzentschlossen zwei Balalaikas und zwei Ukulelen. Sein Lebenswerk war im Stadthaus in Höxter zu bewundern, ein neun Meter langes Gemälde vom Godelheimer See. Dieses wird im Juli auf dem Gelände der Landesgartenschau Höxter (Blumenhalle) wieder öffentlich ausgestellt und gezeigt.
Hermann Fast genießt auch im hohen Alter von 100 Jahren den Kontakt zur Familie und Freunden. So oft wie möglich wird mit der Familie in der Heimat am Amur telefoniert und regelmässig kommen seine Kinder aus dem fernen Russland zu ihm nach Höxter auf Besuch. Dann wird fröhlich gelacht, geweint, gesungen und gefeiert. Gern ist er auch mit seinem jüngsten Sohn Vitali, der auch vor vielen Jahren Höxteraner geworden ist, und Freunden in Höxter und vor allem am Godelheimer See unterwegs. Hierhin fuhr er viele Jahre lang mehrfach in der Woche mit seinem Fahrrad, um zu zeichnen und zu malen.
Auch in Russland ist man mittlerweile aufgewacht. Vor ein paar Jahren erhielt Hermann Fast die frohe Nachricht: In Russlands Kunstverein, Kreisfiliale Chabarowsk, wurde er nun zum Ehrenmitglied ernannt. Von seinen negativen Erfahrungen hat er sich nicht verbittern lassen. Sein Glas ist nie halb leer, sondern immer halb voll – mindestens, sehr gerne auch gefüllt mit einem guten Rotwein. Diese Einstellung und sein Lebensmotto sind Gründe, warum er in seinem Leben so viel geschafft hat.